Chinesische Züge auf Schiene
Westbahn setzt künftig auf chinesische Züge – Kritik an CRRC-Auftrag
Die Westbahn wird ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember erstmals lückenlos im Halbstundentakt zwischen Wien und Salzburg verkehren. Mit dann 66 täglichen Verbindungen steigt das Sitzplatzangebot um 28 Prozent. Möglich wird das durch vier neue Doppelstockzüge des Typs „Panda“ – und die stammen vom chinesischen Hersteller CRRC. Damit fahren erstmals in Österreich Züge aus China im Personenfernverkehr.
Premiere auf Österreichs Schienen
Die neuen Fahrzeuge wurden bereits 2019 bestellt, kosten rund 70 Millionen Euro und sollen zunächst für zehn Jahre gemietet werden. Seit 2022 befinden sie sich in Österreich, wo sie über 300.000 Kilometer an Testfahrten absolvierten. Die Zulassung durch die europäische Bahnbehörde ERA steht kurz bevor. Mit den vier zusätzlichen Garnituren wächst die Westbahnflotte von 15 auf 19 Züge. Der Innenraum ist in Anthrazit gehalten, pro Zug gibt es 536 Sitzplätze – insgesamt rund 10.000 Plätze in der gesamten Flotte. Zudem verbrauchen die neuen Fahrzeuge laut Westbahn-Vorständen Thomas Posch und Marco Ramsbacher etwa zehn Prozent weniger Energie.
Hoher europäischer Anteil, aber chinesische Herkunft
Obwohl die Züge in China gefertigt wurden, betont die Westbahn den europäischen Anteil an der Wertschöpfung: Die Bremsen stammen von Knorr-Bremse in Mödling, die Türen von IFE aus Waidhofen a.d. Ybbs, die Sitze aus Spanien, die Kaffeemaschinen aus der Schweiz. Das Design wurde von einer Wiener Agentur entworfen. Hauptaktionär Hans Peter Haselsteiner spricht von einer „etwa halb europäischen“ Konstruktion. Von Dumpingpreisen könne keine Rede sein, ausschlaggebend seien Qualität, Innovationskraft und die vergleichsweise kurze Lieferzeit gewesen.
Kritik von Industrie und Verbänden
In der europäischen Bahnindustrie sorgt der Auftrag dennoch für Unruhe. CRRC (China Railway Rolling Stock Corporation) ist der größte Zugbauer der Welt und ein chinesischer Staatskonzern, der massiv von Peking subventioniert wird. Laut OECD entfielen zwischen 2016 und 2020 rund 72 Prozent aller globalen Förderungen für Schienenfahrzeugbauer auf CRRC. Kritiker befürchten daher Wettbewerbsverzerrungen und sehen Österreich als mögliches „Einfallstor“ für den Markteintritt Chinas in Europa.
Der Verband der Bahnindustrie Österreich (VBI) bezeichnet die Anschaffung als „sensibles industriepolitisches Signal“. VBI-Geschäftsführer Anil W. Rai warnt davor, dass ein verstärkter Import von Schienenfahrzeugen aus Nicht-EU-Ländern langfristig europäische Wertschöpfung gefährde. Gerade in einer Zeit, in der die Bahn das Rückgrat der europäischen Mobilitätswende bilde, sollten öffentliche Gelder und indirekte Förderungen – etwa über Klimatickets – europäische Hersteller stärken. Der VBI fordert daher transparente Vergabeverfahren, die auch Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten berücksichtigen.
Langwierige Zulassung und politische Brisanz
Dass die Zulassung der CRRC-Züge so lange dauerte, liegt auch an der komplexen Bürokratie für außereuropäische Hersteller. Der Prozess gilt als nahezu unüberwindbar, insbesondere für Unternehmen ohne bisherige EU-Zulassung. Der Vertrag wurde bereits 2019 geschlossen, ursprünglich war die Freigabe für 2023 erwartet. Für CRRC ist die Zulassung der „Panda“-Züge ein wichtiger Schritt, um auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen – bislang blieb der Konzern hier weitgehend erfolglos.
Ausblick
Mit dem Start der neuen „Panda“-Züge will die Westbahn nicht nur das Angebot verdichten, sondern auch den Fernverkehr auf der Südstrecke erweitern. Ob die Zusammenarbeit mit CRRC fortgesetzt wird, lässt das Unternehmen offen. Posch betont, man wolle sich bei Lieferanten „breit aufstellen“ und die Entwicklung der nächsten Jahre abwarten. Haselsteiner sieht im neuen Zugmodell jedenfalls „eine gute Chance, zum neuen Standard zu werden“.
Trotz aller Kritik markiert die Zulassung der CRRC-Züge einen industriepolitischen Wendepunkt: Erstmals fahren chinesische Fahrzeuge im europäischen Fernverkehr – und Österreich steht dabei im Zentrum.